European Network of (ex-) Users and Survivors of Psychiatry: Harassment and discrimination faced by people with psycho-social disability in health services. A European survey

Die Richtlinien über die Gleichbehandlung der Rassen und die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (in Ausschnitten)

aus dem Jahresbericht über die Gleichbehandlung und Antidiskriminierung 2003

Dieser Teil des Berichts ist in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt werden die Grundzüge der beiden Gleichbehandlungsrichtlinien dargelegt, die sich mit Diskriminierungen aufgrund der Rassenzugehörigkeit bzw. Diskriminierungen in Beruf und Beschäftigung auseinandersetzen. Im zweiten Abschnitt wird geschildert, welche Maßnahmen die nationalen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinien ergreifen.

Grundzüge der Richtlinien: Geltungsbereich der Richtlinien

Die beiden Antidiskriminierungsrichtlinien gelten für alle Personen, die in einem EU-Mitgliedstaat leben oder arbeiten, und zwar unabhängig davon, ob sie dort ihren offiziellen Wohnsitz haben oder nicht. Der Schutz ist daher nicht nur auf EU-Bürger beschränkt, sondern gilt auch für Staatsangehörige anderer Länder, gleich welcher Nationalität, die sich vorübergehend in einem EU-Mitgliedstaat aufhalten. (Die Richtlinien berühren jedoch nicht die Vorschriften für die Einreise von Staatsangehörigen anderer Länder und Ungleichbehandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit.)

Beide Richtlinien untersagen eine Diskriminierung in Ausbildung und Beruf – zwei Bereichen, in denen Chancengleichheit als oberstes Prinzip gelten muss, wenn jeder Mensch die faire Möglichkeit erhalten soll, sein eigenes Potenzial zu entfalten, einen für ihn erreichbaren Lebensstandard zu erzielen und einen aktiven Beitrag zum Wirtschafts- und Gesellschaftsleben zu leisten. In beiden Richtlinien ist daher das Recht auf gleiche "Bedingungen für den Zugang" zur Beschäftigung ungeachtet der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verankert.

Das bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von ihren diesbezüglichen persönlichen Merkmalen bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz, bei Beförderungen oder der Gründung eines eigenen Betriebs gleich und fair behandelt werden müssen. Während des Beschäftigungsverhältnisses besteht Anspruch auf die gleichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, darunter insbesondere die gleiche Bezahlung und den gleichen Schutz vor Entlassung. Ferner ist das Recht auf Berufsausbildung, praktische Berufserfahrung und Berufsberatung festgeschrieben. Gleiches gilt für das Recht auf Mitgliedschaft in Arbeitnehmervertretungen oder Organisationen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören (wie beispielsweise Anwalts-, Ärzte- und Architektenkammern) sowie die Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen.

Das Diskriminierungsverbot in Beruf und Ausbildung gilt generell für alle Personen in privaten und öffentlichen Bereichen, gleichgültig wie groß die Firma oder Organisation ist, in der sie arbeiten oder bei der sie sich um eine Stelle bewerben. Es gilt für alle "Beschäftigungen", d. h. alle Arten der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit. Es bezieht sich sowohl auf Teilzeit- als auch Vollzeitbeschäftigte und alle Arten von Arbeitsverträgen (unbefristete Verträge ebenso wie zeitlich befristete Ausbildungsverträge). Es erstreckt sich auf Arbeitsvermittlungsstellen und andere Unternehmen sowie auf Organisationen, die für die Vergabe von Qualifikationen, Genehmigungen oder Zulassungen als Voraussetzung für die Ausübung eines bestimmten Berufs oder einer bestimmten Tätigkeit (wie z. B. das Marktstandes) zuständig sind. Nicht zuletzt gilt das Verbot für alle Formen der Berufsausbildung, ob am Arbeitsplatz oder an Berufsschulen, Universitäten oder Fachinstituten. Hierzu gehört auch die erforderliche Ausbildung zur Verrichtung verschiedener Aufgaben oder zur Ausübung eines bestimmten Berufs, die sowohl Studien mit akademischem Abschluss als auch Bildungsgänge auf niedrigeren Ebenen beinhalten kann.

Gleichzeitig stellen die Richtlinien klar, dass Arbeitgeber nicht zur Einstellung von Personen verpflichtet sind, die keine erforderliche Qualifikation für eine bestimmte berufliche Tätigkeit besitzen oder nicht in der Lage sind, sich den für die betreffende Arbeit notwendigen Ausbildungsmaßnahmen zu unterziehen.

Die Antirassismus-Richtlinie befasst sich noch mit anderen Bereichen möglicher Diskriminierung und gewährt allen Menschen ohne Unterschied ihrer ethnischen Herkunft Schutz gegen ungerechte Behandlungen im Alltag. Gemäß der Richtlinie darf einer Person aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft nicht das Recht auf soziale Sicherheit und Gesundheitsversorgung oder so genannte "soziale Vergünstigungen" oder der Zugang zu Bildung und zu Gütern und Dienstleistungen versagt werden.

Dies bedeutet, dass bei Pensionen oder anderen Sozialleistungen sowie beim gesamten Spektrum "sozialer Vergünstigungen" niemand aufgrund seiner Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt werden darf. Zu solchen Vergünstigungen zählen Wohnungsbeihilfen, verbilligte Fahrpreise oder Gebühren, vergünstigte Mahlzeiten, Aus- und Fortbildungsstipendien, Befreiung von der Rezeptgebühr auf Medikamente, ermäßigte Gebühren für bestimmte Leistungen usw. Es bedeutet auch, dass alle Menschen das gleiche Recht haben, die Schule zu besuchen und an bestimmten Bildungsgängen teilzunehmen und alle Arten von Gütern und Dienstleistungen zu erwerben oder zu mieten, die der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wozu auch Wohnungen und der Zugang zu Gaststätten und Clubs gehören.

Rechtsschutz und Recht auf Wiedergutmachung

Aus den Richtlinien geht klar hervor, dass alle Personen, die Opfer einer Diskriminierung sind oder die sich aufgrund ihrer persönlichen Merkmale ungerecht behandelt fühlen, einen angemessenen Rechtsschutz und ein durchsetzbares Recht auf Wiedergutmachung (d. h. auf Abstellung einer solchen Diskriminierung) genießen sollen. Es steht den einzelnen Mitgliedstaaten frei, ob dies auf dem Gerichtsweg – also durch Straf- oder Zivilverfahren – oder auf dem Verwaltungsweg, beispielsweise vor einem Schiedsgericht, geschieht. Die Mitgliedstaaten können sich auch für Schlichtungsverfahren entscheiden und ein System einrichten, bei dem Fälle von Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes freiwillig in Gesprächen anstatt auf dem Rechtsweg gelöst werden.

Die Mitgliedstaaten haben gemäß den Richtlinien dafür Sorge zu tragen, dass Personen, die eine Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorbringen, von ihren Arbeitnehmerorganisationen oder einschlägigen Berufsverbänden oder -organisationen unterstützt und vertreten werden können. Gleichzeitig haben sie sicherzustellen, dass die bei einem Tatbestand der Diskriminierung verhängten Sanktionen "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sind. Mit anderen Worten: Die Strafen für Diskriminierung sollen in einem angemessenen Verhältnis zum angerichteten Schaden stehen und als Abschreckung gegen derartige Verhaltensweisen dienen.

Zur weiteren Stärkung des Schutzes sind die Mitgliedstaaten zur Einführung gesetzlicher Bestimmungen verpflichtet, die in Zivilverfahren (d. h. Verfahren ohne strafrechtliche Anklage) eine Beweislastverteilung zwischen der wegen Diskriminierung klagenden Partei und der beklagten Partei vorsehen.

Dies bedeutet, dass beide Parteien für den Nachweis der Verletzung bzw. Nichtverletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verantwortlich sind. Die klagende Partei muss zunächst glaubhaft machen, dass der Tatbestand der Diskriminierung erfüllt ist (und ein prima facie-Beweis dafür vorliegt) und die Beschwerde daher begründet ist.

Anschließend hat die wegen Diskriminierung beklagte Partei nachzuweisen, dass sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen hat und es einen triftigen Grund für ihr Handeln gab. Es obliegt also dem Beklagten, das Gericht oder eine andere zuständige Stelle davon zu überzeugen, dass kein diskriminierendes Verhalten vorlag. Von der Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, wird nicht erwartet, dies schlüssig zu beweisen, da sie hierzu wahrscheinlich kaum in der Lage ist.

Außerdem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Personen, die eine Beschwerde wegen Diskriminierung einlegen, angemessen vor Viktimisierung oder anderen Repressalien zu schützen, die sie andernfalls von einer Durchsetzung ihres Rechtes auf Gleichbehandlung abhalten würden. Dies gilt auch für Zeugen in Diskriminierungsverfahren, die den gleichen Schutz vor Viktimisierung genießen müssen, damit sie zur Aussage bereit sind. Die Mitgliedstaaten haben daher Maßnahmen zu treffen, damit diejenigen, denen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgeworfen wird, gar nicht erst so reagieren. Insbesondere müssen derartige Maßnahmen die Arbeitnehmer vor einer möglichen Entlassung schützen, wenn sie Beschwerde einlegen oder ein gerichtliches Verfahren gegen ihren Arbeitgeber anstrengen oder in Diskriminierungsverfahren als Zeuge aussagen (siehe Jahresbericht, S. 6).

Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen

Zur weiteren Ausdehnung des Schutzes vor Diskriminierung schreibt die Antirassismus-Richtlinie den Mitgliedstaaten vor, eine oder mehrere unabhängige Stellen zu benennen, deren Aufgabe darin besteht, die Opfer von Diskriminierung aus Gründen der Rasse bei der Verfolgung ihrer Beschwerden zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten haben diese Stellen mit der Vollmacht auszustatten, unabhängige Untersuchungen zum Thema der Diskriminierung durchzuführen und diesbezügliche Berichte zu veröffentlichen, um ein tieferes Verständnis der Problematik zu erlangen und zu ihrer Lösung beizutragen und den Opfern praktische Hilfestellung zu geben.

Positive Maßnahmen

Die Richtlinien anerkennen ausdrücklich, dass ein Diskriminierungsverbot allein vielfach nicht ausreicht, um für alle Mitglieder der Gesellschaft eine echte Chancengleichheit zu verwirklichen. Oftmals sind spezifische Maßnahmen erforderlich, mit denen Benachteiligungen wegen der Rassenzugehörigkeit oder ethnischen Herkunft, des Alters oder eines anderen Diskriminierungsgrunds ausgeglichen werden. So könnten ethnische Minderheiten beispielsweise besonderer Ausbildungsmaßnahmen und besonderer Unterstützung bedürfen, um eine realistische Aussicht auf einen Arbeitsplatz zu haben. Die Einrichtung von Lehrgängen oder Sondervereinbarungen speziell für diese Gruppen sind Möglichkeiten, mit denen sich ihre Chancen verbessern lassen.

Die Richtlinien lassen positive Maßnahmen dieser Art zu und sehen darin keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Angemessene Vorkehrungen

Während positive Maßnahmen zum Ausgleich der Benachteiligungen bestimmter Gruppen ein freiwilliges Element der Gleichstellungsrahmenrichtlinie bilden, gehören angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen zum Pflichtteil. Der Grund ist der gleiche wie bei den positiven Maßnahmen, kommt hier jedoch stärker zum Tragen. Ohne eine Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse könnten Behinderte so sehr benachteiligt werden, dass sie überhaupt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könnten. Daher sind Arbeitgeber innerhalb der EU laut Richtlinie verpflichtet, alle "angemessenen" Schritte zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Beschäftigung, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, solange dies nicht mit einem übermäßigen finanziellen und sonstigen Aufwand verbunden ist.

Sonderregelungen für Ungleichbehandlung wegen des Alters

Auf ähnliche Weise wird in der Richtlinie anerkannt, dass es mitunter gerechtfertigt ist, Menschen verschiedener Altersgruppen ungleich zu behandeln. Sie billigt den Mitgliedstaaten daher zu, den Zugang zu Arbeitsplätzen oder Ausbildungsprogrammen z. B. Personen ab einem bestimmten Alter vorzubehalten, wenn solche Arbeitsplätze bzw. Programme speziell auf ältere, auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Arbeitnehmer zugeschnitten sind. Gleiches gilt für Maßnahmen, die Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben erleichtern sollen. Außerdem können Arbeitgeber die Vergabe bestimmter Arbeitsplätze vom Dienstalter oder, wenn eine Position eine lange Ausbildungszeit erfordert, vom Unterschreiten einer bestimmten Altersgrenze abhängig machen (siehe Kasten). In allen Fällen gilt jedoch: Eine derartige Ungleichbehandlung muss nicht nur mit einem guten Grund, sondern als notwendige Voraussetzung zur Erreichung des Endziels gerechtfertigt werden können.

Unterrichtung und Förderung des Dialogs

Die Mitgliedstaaten sind gemäß den Richtlinien verpflichtet, die eingeführten Antidiskriminierungsgesetze "in geeigneter Form" bekannt zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass jeder ihren Inhalt und den damit verbundenen Schutz ebenso wie die Strafen bei ihrer Nichteinhaltung kennt.

Gleichzeitig haben sie geeignete Maßnahmen zur Förderung des Dialogs zwischen den "Sozialpartnern" – also Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen – und mit Nichtregierungsorganisationen (NROs) zu treffen mit dem Ziel, das Verständnis und die praktische Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes voranzutreiben. Die Regierungen sollten daher Arbeitspraktiken, Verhaltenskodizes und Tarifverträge unterstützen, die die Wichtigkeit der Nichtdiskriminierung unterstreichen und fest auf der gleichen, gerechten Behandlung aller Menschen beruhen.

Definition des Begriffs "Diskriminierung"

Die in den Richtlinien gewählte Definition des Sachverhalts einer unmittelbaren Diskriminierung ist leicht nachzuvollziehen: Sie liegt dann vor, wenn eine Person wegen ihrer Rassenzugehörigkeit oder ethnischen Herkunft, ihres Alters, ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Neigung eine weniger günstige Behandlung erfährt, "als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde". Eine Ungleichbehandlung findet am wahrscheinlichsten aufgrund der eigenen Merkmale einer Person statt, kann aber auch durch ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, z. B. eine bestimmte ethnische Herkunft, bedingt sein. Auch damit setzen sich die Richtlinien auseinander. (Beispiele sind den Kästen zu entnehmen.)

Die Richtlinien verbieten auch eine "mittelbare" Diskriminierung. Diese ist dann gegeben, wenn "dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren" dazu führen, dass Personen mit bestimmten Merkmalen in Bezug auf ethnische Herkunft, Alter usw. gegenüber anderen Personen benachteiligt werden. Jede mittelbare Diskriminierung ist untersagt, es sei denn, es kann der Nachweis erbracht werden, dass sie "durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt" und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels "angemessen und erforderlich" sind (Beispiele siehe Kasten im Jahresbericht, S. 8) . Die Ausdehnung des Schutzes auf den Sachverhalt der mittelbaren Diskriminierung bildet eine wichtige Ergänzung zu den aktuellen Rechtsvorschriften vieler Länder. Sie bedeutet, dass Menschen selbst dann vor Ungleichbehandlungen geschützt werden, wenn diese unbeabsichtigt geschehen und den für ein bestimmtes Verfahren Zuständigen beispielsweise nicht bewusst ist, welche Auswirkung ihr Vorgehen auf verschiedene Personen hat. Es kommt also nicht auf die Absicht, sondern auf die Folgen an.

Die Richtlinien verbieten außerdem die "Anweisung zur Diskriminierung", bei der eine Person einer anderen die Anordnung gibt, sich diskriminierend zu verhalten, und "Belästigung", also Verhaltensweisen, "die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird." (Beispiele sind dem Kasten zu entnehmen.) (...)

Besondere Ausnahmen

Ungeachtet dessen, dass die Richtlinien auf ein EU-weites Diskriminierungsverbot in allen Aspekten von Beruf und Ausbildung abzielen, geben sie den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit, bestimmte Fälle auszunehmen, in denen Ungleichbehandlungen durch spezielle Umstände gerechtfertigt werden können. Solche Fälle sind jedoch die große Ausnahme. Sie beschränken sich auf eine kleine Anzahl beruflicher Tätigkeiten, in denen einer der Diskriminierungsgründe – Rasse oder ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Neigung – tatsächlich "eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" oder, anders ausgedrückt, eine Grundvoraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit bildet. Jedoch selbst dann, so wird in den Richtlinien betont, muss eine derartige Ungleichbehandlung einem "rechtmäßigen" Zweck dienen und eine "angemessene" Anforderung darstellen, die nicht über das zur Ausübung der Tätigkeit absolut Notwendige hinausgehen darf.

Beispiele hierfür sind Schauspielerrollen oder Aufträge als Fotomodell, bei denen die betreffende Person aus Gründen der Authentizität oder Realitätsnähe eine bestimmte ethnische Herkunft oder ein bestimmtes Alter haben sollte. In anderen Bereichen dürfte es dagegen nicht allzu viele Beispiele geben. Gemäß der Gleichstellungsrahmenrichtlinie können die Mitgliedstaaten Kirchen und ähnlichen Organisationen allerdings erlauben, nur Personen mit der gleichen Religion oder Weltanschauung einzustellen, wenn diese "eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung" darstellt. Sie können demnach einige Positionen, die in Kontakt mit der Öffentlichkeit stehen, auf Personen des gleichen Glaubens beschränken. Dies gilt jedoch nicht unbedingt auch für andere Tätigkeiten, wie beispielsweise Bewirtung oder allgemeine Büroarbeiten. Außerdem können sich die Mitgliedstaaten laut Richtlinie dafür entscheiden, dass die eine Behinderung und das Alter betreffenden Bestimmungen auf die Streitkräfte keine Anwendung finden.

Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien in den EU-Mitgliedstaaten

Die Regierungen aller EU-Staaten treffen gegenwärtig Maßnahmen zur Einhaltung der Antidiskriminierungsrichtlinien. Dies gilt sowohl für Länder, in denen bereits vor Verabschiedung der Richtlinien recht umfangreiche Gesetze zur Bekämpfung von Diskriminierung in Kraft waren, als auch solche, in denen dieser Bereich gesetzlich weniger geregelt war. Selbst Länder mit etablierten Rechtsvorschriften zur Verhinderung von Diskriminierung erfüllten nicht jeden Aspekt der Richtlinien und mussten einige Änderungen vornehmen. Dies war besonders bei der Gleichstellungsrahmenrichtlinie der Fall, die eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Religion, des Alters, einer Behinderung und der sexuellen Ausrichtung verbietet. Zwar waren in mehreren Ländern Gesetze zum Schutz von Menschen mit Behinderungen und besonderer Religionszugehörigkeit eingeführt worden; in Bezug auf Alter und sexuelle Ausrichtung gab es jedoch weitaus weniger vergleichbare Maßnahmen.

Bei der bisherigen Umsetzung sind große Unterschiede zwischen den Ländern festzustellen. Die Unterschiede in der bereits geltenden Gesetzgebung und den vorhandenen Vorkehrungen zum Schutz und zur Unterstützung von Diskriminierungsopfern führen zwangsläufig auch zu unterschiedlichen Reaktionen auf die Richtlinien. In zahlreichen Ländern, darunter Belgien, Dänemark, Irland, den Niederlanden, Schweden und im Vereinigten Königreich, ist seit einigen Jahren ein umfassendes System zum Schutz insbesondere vor Rassen- und ethnischer Diskriminierung in Kraft. In anderen Ländern gab es zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Richtlinien weniger umfangreiche Regelungen. Auch wenn dort das Recht jedes Einzelnen auf Gleichbehandlung verfassungsrechtlich verankert ist, wird es nicht immer durch eine detaillierte Gesetzgebung und wirksame Vorkehrungen zum Schutz der Menschen vor Diskriminierung im vollen Umfang garantiert.

Teilweise bedingt durch diese unterschiedlichen Ausgangssituationen sind auch die Zeitpläne für gesetzliche und andere Änderungen zur Umsetzung des in den Richtlinien vorgeschriebenen Schutzes uneinheitlich. Einige Länder hatten bereits vor Erlass der Richtlinien Maßnahmen zur Erweiterung des Schutzes eingeleitet. In vielen von ihnen sind bereits neue Gesetze verabschiedet und vorhandene modifiziert worden, um einen Schutz in dem geforderten Umfang und Ausmaß zu gewährleisten. So wurde in Belgien am 6. Januar 2003 ein neues Gesetz verabschiedet, das alle Formen der Diskriminierung untersagt und in vielen Aspekten über die Mindestanforderungen der Richtlinien hinausgeht. In anderen Ländern wird über Gesetzesänderungen und andere notwendige Maßnahmen noch beraten.

Im vorliegenden Bericht geht es nicht darum, den Umsetzungsstatus der einzelnen Mitgliedstaaten zu prüfen und die vorgenommenen oder in Erwägung gezogenen Änderungen vollständig aufzulisten. Statt dessen soll anhand ausgewählter Beispiele aus bestimmten Ländern verdeutlicht werden, welche Arten von Maßnahmen eingeführt wurden oder gerade eingeführt werden. Diese Maßnahmen und die Vorkehrungen für deren Inkraftsetzen könnten anderen Staaten eine Orientierungshilfe bieten, in denen der Entscheidungsprozess über die beste Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen der Richtlinien noch nicht abgeschlossen ist.

Am Anfang dieser Maßnahmenübersicht steht der Beratungsprozess, der sicherstellen soll, dass vor der Verabschiedung neuer Gesetze die Meinungen und Interessen derjenigen berücksichtigt werden, die davon am wahrscheinlichsten betroffen sind. Hierzu gehören die Interessenvertretungen von Gruppen, die besonders anfällig für Diskriminierung sind, ebenso wie Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften. Im Anschluss daran werden die wichtigsten Punkte der neuen, bereits eingeführten oder geplanten Gesetze und die Maßnahmen zu ihrer Umsetzung vorgestellt.

Der Beratungsprozess zur Gesetzesvorbereitung

Der Umfang der Beratung vor Festlegung der Details neuer Gesetze ist je nach Land ganz verschieden. In vielen Ländern wurde der Inhalt der Richtlinien in gemeinsamer Vorgehensweise veröffentlicht, um die Meinungen von Interessengruppen, Arbeitgebern, Gewerkschaften und anderen Parteien einzuholen, die einen nützlichen Beitrag zu diesem Thema leisten könnten. In einigen Ländern wurden diese Organisationen sogar direkt am Prozess des Gesetzesentwurfs oder der Unterrichtung über die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung des erforderlichen Schutzes beteiligt (siehe Kasten im Jahresbericht, S. 11). (...)

Rechtsschutz und Recht auf Wiedergutmachung

Die Mitgliedstaaten unterscheiden sich sowohl in ihren Rechtssystemen und -institutionen als auch in ihrer Ausgangsposition bei der Erfüllung der Richtlinien. Diese Unterschiede beeinflussen die Art und Weise, wie die Rechtsvorschriften im Hinblick auf den erforderlichen Schutz vor Diskriminierung geändert und welche Vorkehrungen für den Umgang mit Fällen von Ungleichbehandlung getroffen werden. Hierbei kommt es weniger auf die konkreten Einzelheiten solcher Vorkehrungen und Gesetzesänderungen an; ausschlaggebend ist, dass sie die Menschen wirksam vor einer ungleichen, ungerechten Behandlung schützen und ihnen geeignete Mittel zur Wiedergutmachung an die Hand geben. Das bedeutet, dass diese Vorkehrungen für Menschen, die davon Gebrauch machen müssen, auch zugänglich sind. Außerdem müssen sie eine realistische Möglichkeit haben, die Diskriminierung erfolgreich abzustellen und für das erfahrene Leid und eventuell entstandene finanzielle Verluste angemessen entschädigt zu werden.

Zur Verwirklichung dieser Ziele haben die Regierungen in vielen Ländern spezielle Schiedsgerichte gegründet, vor denen Diskriminierungsfälle, insbesondere aus dem Erwerbsleben, verhandelt werden. Diese Stellen sind meist weniger formell und legalistisch und weniger kostspielig als normale Zivilgerichte und daher für Diskriminierungsopfer leichter zugänglich. Sie können nicht nur die Einstellung des diskriminierenden Verhaltens anordnen und dem Opfer eine Entschädigung zusprechen, sondern in vielen Fällen auch als Vermittler zwischen den beiden Parteien fungieren (siehe Kasten). Dies kann dazu führen, dass der Fall auf einvernehmliche Weise anstatt durch Zwang gelöst wird, so dass die Beziehung zwischen den beiden Beteiligten nicht völlig auseinander bricht. Auf diese Weise könnte die Person, die die Beschwerde vorgebracht hat, z. B. eher auf Verständnis für ihre Handlungsweise stoßen und sich eher in der Lage fühlen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

EINRICHTUNG UNABHÄNGIGER INSTITUTIONEN ZUR UNTERSTÜTZUNG DES KAMPFES GEGEN DISKRIMINIERUNG

In Großbritannien wurde 1976 die Kommission für Rassengleichheit (Commission for Racial Equality) gegründet. Zu ihren Aufgaben gehören die Bekämpfung von Diskriminierung, die Förderung von Chancengleichheit und guten Beziehungen, die Aufklärung und Beratung von Personen und Unternehmen über ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten und die Überwachung der Wirksamkeit der Gesetze. In jüngerer Zeit wurde im Jahr 2000 nach der Verabschiedung des Gesetzes zum Schutze behinderter Menschen die Kommission für die Rechte Behinderter (Disability Rights Commission) mit ähnlichen Zuständigkeiten ins Leben gerufen. In Nordirland wurde 1999 eine einheitliche Gleichstellungskommission (Single Equality Body) gegründet. Die Regierung prüft gerade die Möglichkeit, langfristig eine einheitliche Kommission für Großbritannien einzurichten, und führt umfassende Beratungen über die diesbezüglichen Vorteile durch.

In Belgien wurde 1993 das CECLR (Zentrum für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung) zur Bekämpfung der Rassendiskriminierung gegründet. Es befasst sich u. a. mit der Durchführung von Erhebungen, Veröffentlichung von Berichten, Vorlage von Empfehlungen über Diskriminierungsthemen bei der Regierung, Organisation von Schulungsmaßnahmen und Koordination des Dialogs mit NROs. Seit Inkrafttreten der neuen Gesetze ist das CECLR neben der Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft auch für alle anderen angesprochenen Formen von Ungleichbehandlung zuständig. Außerdem wurde seine Befugnis dahin-gehend erweitert, dass es Beschwerden von Diskriminierungsopfern entgegennehmen, zwischen den beteiligten Parteien vermitteln und die Umsetzung der beiden neuen Gesetze zum Diskriminierungsverbot überwachen darf.

In den Niederlanden befasst sich die Gleichbehandlungskommission seit 1994 als unabhängige Stelle mit Diskriminierungsbeschwerden aus Gründen der Religion, der sexuellen und politischen Ausrichtung, der Nationalität und des Ehestands sowie der ethnischen Herkunft. Ihre Zuständigkeit wird sich nach Verabschiedung der beiden aktuellen Gesetzesvorlagen auch auf Ungleichbehandlungen aufgrund von Alter und Behinderung erstrecken. Sie kann auf eigene Initiative Untersuchungen durchführen, um festzustellen, ob in bestimmten öffentlichen Diensten oder Teilen des Privatsektors systematische Diskriminierungen stattfinden, und gegebenenfalls gerichtliche Schritte zu deren Unterbindung einleiten. Sie ist verpflichtet, einen jährlichen Tätigkeitsbericht zu veröffentlichen und alle fünf Jahre über die Wirkungsweise der Gesetze zu berichten.

In Irland wurde 1998 im Rahmen des Gesetzes über die Gleichheit im Berufsleben (Employment Equality Act) eine unabhängige Gleichstellungsbehörde (Equality Authority) eingerichtet. Zu ihren Aufgaben gehören die Bekämpfung von Diskriminierung und die Förderung der Chancengleichheit. Außerdem ist sie verpflichtet, die wichtigsten Punkte der vorhandenen Antidiskriminierungsgesetze zu veröffentlichen. Eine weitere Organisation, Comhairle, wurde im Juni 2000 als Netzwerk von Bürger-Informationszentren eingerichtet, um benachteiligte Gruppen, wie etwa ethnische Minoritäten, darin zu beraten, wie sie ihre Ansprüche auf soziale Dienste geltend machen können. Es liefert auch Informationen über die Ausrüstung und Gestaltung von Gebäuden, um die Schwierigkeiten behinderter Menschen zu lindern.

In Schweden wurde 1986 die Stelle eines Ombudsmanns geschaffen, um Menschen, die unter Diskriminierungen leiden, zu beraten und beizustehen, ihnen zu helfen, ihren Fall vor Gericht zu bringen und die Beachtung der Gesetze zu überwachen. Der Ombudsman für Behinderung wurde 1994 berufen, jener für die sexuelle Ausrichtung im Jahr 1999, mit den selben Funktionen.

In Finnland gibt es seit Januar 2001 einen Ombudsmann für Minderheiten mit ähnlichen Funktionen wie in Schweden. Es wird vorgeschlagen, diesen Bürgerbeauftragten mit weiteren Vollmachten auszustatten und zusätzlich eine Antidiskriminierungsbehörde zu schaffen, die befugt ist, die Entscheidungen des Ombudsmanns durchzusetzen und diskriminierende Handlungen zu verbieten.

In Luxemburg hat ein interministerieller Ausschuss, der Gesetzesänderungen zur Einhaltung der beiden Richtlinien ausarbeiten soll, die Gründung einer eigenen Institution vorgeschlagen, die sich mit Diskriminierungen aus allen in den Richtlinien angegebenen Gründen befassen soll.

Auf ähnliche Weise wird in den in Österreich eingebrachten Gesetzesentwürfen vorgeschlagen, die Zuständigkeiten der Gleichbehandlungskommission und der Gleichbehandlungsanwaltschaft auf alle Diskriminierungsgründe auszudehnen. Dabei untersucht die Kommission vor allem allgemeine Fragen im Zusammenhang mit Diskriminierung, kann jedoch in einzelnen Streitfällen zwischen Arbeitgebern und -nehmern auch nicht bindende Entscheidungen fällen. Sein Anliegen ist es, Fälle durch Schlichtung beizulegen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft berät und unterstützt Diskriminierungsopfer.

Beweislastverteilung

Diskriminierte müssen das Gefühl haben, dass sie eine vernünftige Aussicht auf Erfolg haben und die Chancen nicht von vornherein gegen sie stehen, wenn sie beschließen, gegen die verantwortliche Person oder Organisation vorzugehen. Aus diesem Grund ist die in den Richtlinien vorgeschriebene Beweislastverteilung zwischen beiden beteiligten Parteien von so großer Bedeutung. Diese ist kein gängiger Aspekt des Rechtssystems in den EUMitgliedstaaten und erfordert daher ein Abweichen von der üblichen Praxis. Gleichzeitig wurde sie in vielen Ländern als Merkmal der Gesetze zur Gleichstellung von Mann und Frau eingeführt.

Verhinderung von Viktimisierung

Ebenso wichtig ist es, Diskriminierungsopfer, die ein Verfahren zur Durchsetzung ihres Rechtes auf gleiche, faire Behandlung einleiten, vor Viktimisierung oder anderen Repressalien zu schützen. Auch dies ist in vielen Ländern ein neues Konzept, das dennoch in den neu eingeführten Gesetzen innerhalb der EU verwirklicht wird. (...)

Netzwerke

Die Organisationen der Zivilgesellschaft oder Nichtregierungsorganisationen (NROs), die die Interessen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen vertreten, spielen eine maßgebliche Rolle bei der Bekämpfung von Diskriminierung. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sie eine Brücke zwischen den diskriminierungsbedrohten Gruppen und den Regierungen und Arbeitgebern bilden, die diese Gruppen betreffende Entscheidungen fällen. Indem sie diesen Menschen ein Sprachrohr verleihen, können sie die öffentliche Einstellung ändern, und durch den Informationsaustausch mit ähnlichen Organisationen in anderen Ländern tragen sie zur Verbesserung der Politik und betrieblichen Praktiken bei. Da die Europäische Union in dieser Hinsicht die gleichen Interessen verfolgt, lautet eines ihrer Hauptziele, die NROs zum Aufbau von Beziehungen zu Partnerorganisationen in anderen Teilen Europas zu ermuntern.

Das Aktionsprogramm finanziert vier europäische NRO-Netzwerke – die Europäische Plattform für ältere Menschen (AGE), das Europäische Behindertenforum (EDF), das Europäische Netz gegen Rassismus (ENAR) und die Internationale Vereinigung für Lesben und Homosexuelle (ILGA). Außerdem werden fünf kleinere europäische Organisationen unterstützt – die Action Europëenne des Handicapés (für Behinderte), Autisme-Europe, die European Blind Union, die European Union of the Deaf und Inclusion Europe für Menschen mit Lernschwierigkeiten.